Whistleblower Definition:


Eine Person, die Missstände, Fehlverhalten und Gesetzesverstöße aufdeckt, wird als Whistleblower, zu Deutsch Hinweisgeber, bezeichnet.

Whistleblower handeln aus Uneigennützigkeit. Ihnen geht es darum, auf Fehlverhalten, sei es unethisch oder gar illegal, aufmerksam zu machen. Das kann auf unternehmensinterner Ebene stattfinden, wo der Sachverhalt zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern nach Anstoß durch den Hinweisgeber geklärt wird. Häufig wird eine neutrale Partei hinzugezogen oder der Sachverhalt wird juristisch geklärt. Missstände und unethische oder illegale Vorgänge bei besonders großen Unternehmen, Institutionen und Organisationen gelangen oft als Skandal an die Öffentlichkeit. Ein solcher Skandal kann eine immense Rufschädigung und damit auch wirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen. Auf Unternehmensseite wird Whistleblowing oft mit einer Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber gleichgesetzt. Daher müssen Hinweisgeber negative Konsequenzen für das Whistleblowing fürchten, wie Repressalien, finanzielle Nachteile, Mobbing und Kündigung.

Viele Menschen, die Missstände beobachten, schweigen daher. Einigen ist es jedoch so wichtig, andere über solche Missstände aufzuklären, dass sie als Whistleblower das Risiko von negativen Konsequenzen auf sich nehmen. Da ist es kein Wunder, dass viele berühmte Whistleblower als Held gelten, auch wenn sie für ihren Mut Opfer bringen mussten.

5 bekannte Whistleblower und Whistleblowing-Unterstützer

1. Edward Snowden

Edward Snowden ist ohne Zweifel der bekannteste Whistleblower der Welt. Er arbeitete jahrelang für die CIA, ehe er sich dazu entschloss, deren umfangreiche Überwachungs- und Spionagetätigkeiten öffentlich zu machen. Damit löste Snowden die NSA-Affäre aus, die im Jahr 2013 um die Welt ging. Dabei kam heraus, dass US-amerikanische Geheimdienste Daten unrechtmäßig speicherten und eine illegale Überwachung mit Kameras und Wanzen praktizierten. Um diese illegalen Machenschaften publik zu machen, bekam Snowden Unterstützung von Journalisten und einer Dokumentarfilmerin. Fernab seiner Heimat, in Hong Kong, machte Snowden kurz darauf seine Identität bekannt. Die USA reagierten mit einem Haftbefehl gegen Snowden, der nach Moskau weiterreiste. Weiter kam er nicht – inmitten diplomatischer Diskussionen musste Snowden in Moskau bleiben, um einer Auslieferung an die USA zu entgehen. Seit 2013 lebt Snowden in Russland im Exil. In der Zwischenzeit erhielt er den Friedensnobelpreis und seine Geschichte wurde von Oliver Stone verfilmt (Snowden, 2016).

2. Julian Assange

Auch Julian Assange ist weltweit bekannt. Er ist der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, über die er ihm zugespielte Dokumente von Whistleblowern veröffentlichte. Das macht ihn zwar nicht zu einem direkten Hinweisgeber, sondern zu einem investigativem Journalisten. Dennoch hat er mit Wikileaks vor allem durch seinen Kontakt mit Chelsea Manning aktiv zum Whistleblowing beigetragen. Auf Wikileaks veröffentliche Assange unter anderem Geheimdokumente rund um US-Geheimdienste und den Irakkrieg. Im April 2019 wurde Snowden in der ecuadorianischen Botschaft in London festgenommen und sitzt seitdem in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis; die USA pochen auf seine Auslieferung.

3. Chelsea Manning

Whistleblower Chelsea Manning, vormals Bradley Manning, gehörte den US-Streitkräften an und war als IT-Spezialistin tätig. Durch ihre Stellung bekam sie Zugang zu geheimen Dokumenten und Videos rund um den Irakkrieg und den Afghanistankrieg, die sie kopierte und an Wikileaks weiterleitete. Darunter befand sich für das US-Militär kompromittierendes Material wie Videobeweise für die Tötung von Zivilisten. Nach der Veröffentlichung der Videos und Dokumente durch Wikileaks wurde Manning im Jahr 2010 verhaftet und 2013 zu einer Freiheitsstrafe von 35 Jahren verurteilt. 2017 wurde Manning vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama begnadigt und im selben Jahr freigelassen. Von 2019 bis 2020 war Manning in Beugehaft, weil sie die Aussage gegen Julian Assange verweigert.

4. Carl von Ossietzky

Carl von Ossietzky war ein Whistleblower, schon bevor es außerhalb der USA diesen Begriff gab. Der Journalist wurde 1927 Chefredakteur der Zeitschrift „Die Weltbühne“, in der er die Wiederaufrüstung kritisierte. 1931 veröffentliche er einen enthüllenden Artikel über die geheime Aufrüstung der Reichswehr, für den er wegen Hochverrats für einige Monate ins Gefängnis musste. 1933 wurde er von der Gestapo verhaftet und kam in ein Konzentrationslager. Im Jahr 1935 wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet, konnte diesen jedoch nicht entgegennehmen. Nach dem deutschen Whistleblower ist die Carl-von-Ossietzky-Medaille benannt, die Edward Snowden verliehen wurde.

5. Aaron Swartz

Ähnliche Arbeit wie Julian Assange leistete der Programmierer und Netzaktivist Aaron Swartz. 2013 veröffentlichte The New Yorker die Strongbox, ein von ihm entwickelter „Briefkasten“ zur anonymen Weiterleitung von Daten an die US-amerikanische Zeitung. Zwar wird dieses System vom The New Yorker nicht mehr genutzt, doch hat Swartz damit dennoch einen wichtigen Beitrag zum Whistleblowing geleistet. Swartz war es wichtig gewesen, dass dessen Code als Open Source zur Verfügung gestellt wurde. Die Veröffentlichung von Wissen als Open Source bedeutete ihm so viel, dass er illegal Millionen von kostenpflichtigen Dokumenten bei der Datenbank JSTOR herunterlud. Obwohl er die Daten an JSTOR zurückgab, wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 35 Jahren und einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt. Vor Prozessbeginn nahm er sich im Januar 2013 das Leben

Whistleblowing in Deutschland

Auch in Deutschland gab es bekannte Fälle von Whistleblowing. 2015 hatte VW mit dem Abgasskandal zu kämpfen. Schon 2011 soll ein Mitarbeiter dem zuständigen Ombudsmann von der Manipulation der Abgaswerte bei VW berichtet haben. Angestoßen wurde die Aufdeckung dann 2015 von der US-amerikanischen Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA). Schon nach der VW-Korruptionsaffäre 2005 hatte der Autobauer eine Meldestelle für Whistleblower eingerichtet. Der VW-Abgasskandal zeigt, dass eine solche Meldestelle zwar unverzichtbar ist, jedoch auch konsequent genutzt werden muss, um Fehlverhalten aufzudecken.

Der VW-Abgasskandal ist nicht der einzige Fall von Whistleblowing in Deutschland. Im Jahr 2016 deckte Martin Porwoll einen großen Medizinskandal auf: Ein Apotheker in Bottrop hatte jahrelang gestreckte Krebsmedikamente verkauft. Martin Porwoll hatte als kaufmännischer Leiter der Apotheke Beweise dafür gesammelt und anschließend Anzeige erstattet. Die Konsequenzen für den Whistleblower: Eine fristlose Kündigung und längere Zeit Probleme, eine neue Stelle zu finden. Damit wird deutlich, dass auch in Deutschland Whistleblower zu Recht mit negativen Konsequenzen rechnen müssen – bislang.

Ist Whistleblowing strafbar?

Whistleblowing an sich ist nicht strafbar. Vielmehr sind es die Umstände, unter denen eine Meldung gemacht wird, durch die Hinweisgeber sich strafbar machen können.

Damit können sich Whistleblower strafbar machen:

  • Verleumdung (§ 187 StGB)
  • falsche Verdächtigung (§ 164 StGB)
  • üble Nachrede (§ 186 StGB)
  • Beleidigung (§ 185 StGB)

Grundsätzlich sind Mitarbeiter dazu angehalten, die Interessen und den Ruf ihres Arbeitgebers zu achten sowie Loyalität und Vertrauen gegenüber dem Arbeitgeber zu zeigen. Werden Missstände erkannt, sollten Hinweisgeber sich zunächst um interne Klärung bemühen. Letztlich ist ein Gang an die Öffentlichkeit dann angeraten, wenn intern keine Klärung stattfindet, sich der Arbeitgeber selbst rechtswidriger Handlungen schuldig gemacht hat oder es sich um einen besonders schwerwiegenden Verstoß handelt.

Bislang gibt es in Deutschland noch keine einheitlichen Regelungen zu den Rechten und Pflichten von Whistleblowern. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Vieles bleibt damit noch eine rechtliche Grauzone, was Zeugen von Missständen und Fehlverhalten zögern lässt, zu Whistleblowern zu werden. Eine genauere rechtliche Klärung von Whistleblowing ist wünschenswert und überfällig. Mit dem kommenden Whistleblowing-Gesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan.

Das Hinweisgeberschutzgesetz: Besserer Schutz für Whistleblower

So drastisch wie die oben genannten Fälle ist Whistleblowing selbstverständlich nicht immer. Das Schicksal von Snowden & Co. zeigt jedoch, welche Tragweite manche Skandale haben und wie wichtig es ist, Hinweisgeber zu schützen. Zu diesem Zweck wurde das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ins Leben gerufen. In den Worten des Bundestags handelt es sich um einen „Gesetzentwurf der Bundesregierung für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.“

Durch das Hinweisgeberschutzgesetz sollen Whistleblower vor negativen Konsequenzen aufgrund ihrer Meldung geschützt werden. Dazu gehören:

  • Kündigung
  • Diskriminierung
  • Rufschädigung

Kommt es nach der Meldung doch zu einer negativen Konsequenz für den Whistleblower vonseiten des Arbeitgebers, muss dieser im Zuge der Beweislastumkehr nachweisen, dass diese nichts mit der Meldung des Whistleblowers zu tun hat. Bei einer Missachtung des Hinweisgeberschutzgesetzes drohen Unternehmen Bußgelder.

Ein solcher Schutz ist es, den Whistleblower in den oben genannten Fällen gebraucht hätten. Hinweisgeber sollen durch den rechtlichen Schutz zu einer Meldung ermutigt werden. Zwar müssen Unternehmen bislang nicht verpflichtend eine anonyme Meldung abgeben. Jedoch ist es empfehlenswert, mit dem unternehmensinternen Hinweisgebersystem auch eine anonyme Einreichung von Hinweisen zu ermöglichen, um Whistleblower zusätzlich zu ermutigen.

Anstoß für das Hinweisgeberschutzgesetz ist die Whistleblower-Richtlinie der EU, die schon bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Nun kann die Whistleblower-Richtlinie in Deutschland jederzeit in Kraft treten. Das HinSchG soll für Unternehmen ab 50 Mitarbeitern gelten, die zur Einrichtung einer internen Meldestelle für Whistleblower verpflichtet sind.

Whistleblowing ist wichtig für mehr Transparenz

Wenn es darum geht, die Wahrheit ans Licht zu bringen und Fehlverhalten und Gesetzesverstöße aufzudecken, um einzelne Personen oder die Allgemeinheit zu schützen, sollte Whistleblowing nicht grundsätzlich negativ bewertet werden. Es erfordert Mut, negative Konsequenzen in Kauf zu nehmen, um solche Missstände aufzudecken. Das Hinweisgeberschutzgesetz setzt mit dem Schutz von Whistleblowern ein wichtiges Zeichen. Die Chancen stehen gut, dass die Whistleblowing-Richtlinie zu einer transparenteren Unternehmenskultur beiträgt, sofern die Möglichkeit zur anonymen Meldung nicht missbraucht wird.