Hindernisse bei der Meldung von Fehlverhalten im Unternehmen

Es sollte eigentlich selbstverständlich sein: Wenn man bemerkt, dass etwas im Betrieb nicht richtig läuft, dann sollte man es melden. Aber nicht alle tun dies.

Eine Studie des IEB zeigt, dass bereits 58 % der Mitarbeiter in Deutschland und der Schweiz ihre Bedenken bezüglich möglicher Missstände gemeldet haben. Obwohl sich beide Länder bereits im oberen Drittel befinden, gibt es noch viel Potenzial nach oben.

Die Frage bleibt: was hält Mitarbeiter davon ab, ihre Meinung zu äußern?

Basierend auf Untersuchungsergebnisse, sowie unseren eigenen Erfahrungen zeigen wir zehn Gründe auf, warum Mitarbeiter Vorbehalte haben Fehlverhalten zu melden.

Dazu erhalten Sie Tipps, wie Sie im Unternehmen internes Whistleblowing unterstützen können und eine Speak-up Kultur schaffen können, in der ein respektvoller Umgang gepflegt wird.

Das Wichtigste in Kürze:

Hinweisgeber, auch Whistleblower genannt, hatten in der Vergangenheit oft ihre eigene Sicherheit und ihren Arbeitsplatz riskiert, wenn sie Informationen weitergegeben haben.

Das Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern (HinschG) schließt nun diese rechtlichen Lücken und bietet Schutz vor finanziellen Verlusten und Repressalien wie Kündigung, Rufschädigung oder Mobbing. Gleichzeitig profitiert auch Ihr Unternehmen davon, da gemeldete Informationen frühzeitig bearbeitet und überprüft werden können.

Dadurch gelangen potenziell image-schädigende Informationen nicht zwangsläufig an die Öffentlichkeit und können intern geregelt werden.

Unternehmen und Organisationen ab 50 Mitarbeitern sind verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Verstöße gegen diese Einrichtungspflicht können mit Bußgeldern geahndet werden.

Hinweisgebersysteme ermöglichen eine frühzeitige Erkennung von Fehlverhalten und können die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften verbessern, die Unternehmenskultur stärken und die Effizienz steigern.

Die 10 Gründe im Überblick und die Lösungsmöglichkeiten

Welche Faktoren hält Mitarbeiter ab, Vergehen und negative Zustände innerhalb des Unternehmens zu berichten?

1. "Ich hatte Angst, dass ich meinen Arbeitsplatz gefährden könnte"

Laut einer Umfrage der IBE (Ethics at Work) nannten Mitarbeiter in Ländern wie Italien, Spanien, Schweiz und Großbritannien als größte Sorge die Möglichkeit einer Entlassung. Aus diesem Grund zögern viele Mitarbeiter Missstände zu melden.

Es gibt jedoch auch positive Entwicklungen: In der Luftfahrtindustrie zum Beispiel wird bereits viel Wert auf eine offene und faire Kultur gelegt. Dadurch entsteht ein Umfeld, in dem Menschen Missstände ohne Furcht vor Repressalien melden können.

Auch andere Branchen ziehen mittlerweile nach. Unternehmen stehen in Ihrer Verantwortung ihren Mitarbeitern die Sicherheit zu geben, dass das Melden von Missständen keine negativen Auswirkungen auf ihre Karriere hat. Schulungen und Veranstaltungen sind Wichtig zur Aufklärung der Rechtslage.

Das in § 36 Absatz 1 HinSchG verankerte Verbot von Repressalien, verbietet sämtliche Repressalien, wie auch Kündigungen aufgrund einer Meldung.

2. "Ich hatte nicht gedacht, dass es in meiner Verantwortung wäre"

Laut der IBE-Umfrage geben vor allem neue Mitarbeiter und Berufsanfänger eher selten ihre Beobachtungen bekannt.

Um diesem entgegenzuwirken, sollten Compliance-Beauftragte und Personal-Verantwortliche regelmäßig darauf hinweisen, dass das Melden von Missständen in den Aufgabenbereich eines jedes Mitarbeiters fällt - unabhängig von der Dauer seiner Firmenzugehörigkeit oder Position. Onboarding-Veranstaltungen, Schulungen, Feedback-Gespräche und Team-Besprechungen bieten gute Gelegenheiten dafür.

3. „Ich dachte, dass das Problem nicht so schlimm sei“

Häufig gibt es Unsicherheiten bezüglich dessen, was gemeldet werden darf und wann dies geschehen sollte.

Daher liegt es in der Verantwortung des Unternehmens, ein Umfeld zu fördern, in der auch belanglose Bedenken angesprochen werden können. Es ist besser, einmal mehr auf Nummer sicher zu gehen als Reputationsschäden oder finanzielle Einbußen für das Unternehmen zu riskieren.

Indem ein vertraulicher oder besser noch anonymer Meldekanal geschaffen wird, haben Mitarbeiter die Möglichkeit ihre Bedenken zu melden damit geprüft wird, ob in dem jeweiligen Fall ein ethischer oder rechtlicher Verstoß vorliegt.

Nach dem HinschG besteht der Schutz für die hinweisgebende Person auch in solchen Fällen, in denen sich der Hinweis als nicht zutreffend herausstellt, die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung jedoch davon ausgehen konnte, dass der Hinweis zutrifft.

4. "Ich hatte das Gefühl, dass sowieso nichts dagegen unternommen wird"

Bringt ein Mitarbeiter den Mut auf, einen Verdacht zu melden, ist es frustrierend, wenn er keine Rückmeldung über das Ergebnis der Meldung erhält. Daher ist es äußerst wichtig, dass Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Bedenken ernst genommen und untersucht werden.

Unternehmen müssen dem Hinweisgeber mitteilen, welche Konsequenzen seine Meldung bezüglich eines Missstands hatte.

Nach § 17 HinSchG gilt es folgende Fristen zu beachten:

  • Innerhalb von 7 Tagen muss dem Hinweisgeber bestätigt werden, dass seine Meldung eingegangen ist.
  • Innerhalb von spätestens 3 Monaten nach der Bestätigung des Eingangs der Meldung muss der Hinweisgeber über geplante oder bereits ergriffene Folgemaßnahmen sowie die Gründe für diese informiert werden.

5. "Ich hatte den Eindruck, dass es im Betrieb üblich ist"

Es kommt häufig vor, dass sich im Unternehmen Fehlverhalten und unethische Praktiken einschleichen und diese sogar als "normal" oder "üblich" angesehen werden. Um sicherzustellen, dass der ethische Kompass nicht verloren geht, solle das Unternehmen ihre Mitarbeiter darüber aufklären, wie akzeptables Verhalten aussieht und welche Vorfälle gemeldet werden müssen.

Mitarbeiterrichtlinien und Schulungen helfen dabei, den Mitarbeiter einen soliden Rahmen zu geben, was von Ihnen erwartet wird. Durch ein gut durchdachtes Management von Richtlinien kann überprüft werden, ob die internen Regeln sowie regulatorischen Anforderungen von den Mitarbeitern gelesen und bestätigt wurden.

6. "Ich fürchtete, dass eine Mitteilung negative Auswirkungen auf das Arbeitsklima haben könnte."

Die europäischen Hinweisgeberrichtlinie 2019/1937 schützt Whistleblower vor Racheaktionen. Es kann jedoch problematisch werden, wenn ein Mitarbeiter seine Kollegen mit seiner Meldung belastet.

Wenn es im Unternehmen an einer offenen Kultur der Berichterstattung fehlt, kann sich die Atmosphäre gegenüber Hinweisgebern schnell feindselig entwickeln.

Vertrauliche und anonyme Meldekanäle ermöglichen daher, eine Meldung diskret weiterzugeben und verringern dadurch das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen.

7. „Ich war der Meinung, dass die Führungsebene bereits Kenntnis von dem Problem hat.“

Es wird immer wieder angenommen, dass der Vorstand oder das Top-Management über alle unethischen Praktiken im Unternehmen informiert ist. Jedoch suchen gerade diese Verantwortlichen auch oft nach Möglichkeiten, noch schneller über Risiken im Unternehmen informiert zu werden.

Mitarbeiter auf allen Ebenen können wertvolle Einblicke in potenzielle Risikobereiche liefern, indem sie Hinweisgebersysteme nutzen.

8. "In meinem Unternehmen wurde kein Meldesystem angeboten, bei dem die Identität der Hinweisgeber anonym bleibt."

Anonyme Kanäle stellen eine sichere Möglichkeit dar, Missstände zu melden, ohne Angst vor Konsequenzen und Schuldzuweisungen haben zu müssen. Dadurch wird es für diejenigen, die Hinweise geben möchten, einfacher.

Dies bestätigt auch der Whistleblowing Report 2019: Wenn Unternehmen eine anonyme Meldung von Missständen anbieten, machen knapp 60 Prozent der Hinweisgeber davon Gebrauch.

Trotzdem gibt es auch Bedenken einiger Unternehmen darüber, dass durch Anonymität die Untersuchung eines Vorfalls erschwert werden könnte. Diese Bedenken sind jedoch unbegründet: Digitale Meldeplattformen ermöglichen Mitarbeitern nicht nur sicher und anonym ihre Hinweise abzugeben, sondern erlauben auch einen vertraulichen Austausch von Informationen in beide Richtungen. Dadurch können beispielsweise Rückfragen zur Aufdeckung des Falls gestellt werden.

9. „Es bereitete mir Sorge, dass man mich als Petze und als nicht teamfähig ansieht.“

Keiner möchte als unkollegial wahrgenommen werden, wenn er kritische Anmerkungen macht.

Aus diesem Grund ist es von Bedeutung zu betonen, dass das Aufzeigen von Problemen ein entscheidender Faktor für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens ist. Schließlich bewahrt eine transparente Kultur vor Rufschädigung und finanziellen Einbußen.

Und auch hier ist ein Meldesystem mit Möglichkeit zur anonymen Meldung die beste Lösung!

10. „Ich wusste nicht, an wen und wie ich Missstände melden kann“

Kommunikation ist alles! Es ist wichtig, dass sie die Mitarbeiter über die interne Meldestelle bestens informieren. Nur wenn Mitarbeiter oder andere potenzielle Informanten wissen, dass ein internes Meldesystem existiert, welche Regelverstöße sie melden können und dass ihre Hinweise vertraulich behandelt werden und sie keine negativen Konsequenzen befürchten müssen, werden sie eher einen Verstoß intern melden, anstatt eine Behörde einzuschalten.

Wie können Unternehmen das Gesetz jetzt umsetzen?

  • Unternehmen ab 50 Beschäftigte benötigen spätestens ab dem 17.12.2023 eine Meldestelle.
  • Die Beschäftigte sind in einfacher Sprache über die Möglichkeiten der Nutzung eines internen und externen Meldekanals zu informieren.
  • Die Meldungen müssen in mündlicher Form, zum Beispiel telefonisch, oder in Textform erfolgen können. Auf Bitte der hinweisgebenden Person muss auch eine persönliche Meldung oder eine Videokonferenz möglich sein.
  • Auch anonyme Meldungen sollten angenommen werden und diesen nachzugehen.
  • zudem sind gesetzlich Fristen von der Meldestelle zu befolgen: Innerhalb 7 Tage nach Eingang ist eine Eingangsbestätigung an den Hinweisgebenden zu versenden. Der Sachverhalt ist aufzuklären. Es sind Folgemaßnahmen zu ergreifen und Dokumentationspflichten zu erfüllen.
  • Spätestens 3 Monate nach Meldung müssen Hinweisgeber über die ergriffenen Maßnahmen informiert werden.
  • Die interne Meldestelle muss dafür umfassende Befugnisse und Kenntnisse haben.
  • Die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle betrauten Personen müssen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig sein.

Was sollten Sie bei der Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes beachten?

  • Unternehmen, die keine geeignete Meldestelle einrichten, droht ein Bußgeld von bis zu 20.000 Euro. Dies gilt auch für wissentlich unrichtig abgegebene Meldung von Hinweisgebern.
  • Soweit ein Unternehmen versucht, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einer Meldung zu hindern oder die eingehende Meldung nicht vertraulich behandelt, muss es mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 100.000 Eurorechnen.

Die Immerce Consulting hat ein digitales Hinweisgebersystem entwickelt, das den Anforderungen des Gesetzes entspricht und eine einfache Umsetzung von Compliance für Unternehmen ermöglicht.

Wir haben ein System entwickelt, um Ihnen eine unkomplizierte und zügige Umsetzung des Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern zu ermöglichen. Mit unserem System können Sie sicherstellen, dass Ihre Angestellten jederzeit die Chance haben, bedeutende Informationen anonym und geschützt weiterzugeben.